1 ot und Lif lebten glücklich in der Welt, die ihnen gegeben war. 2 Die Dunkelheit aber war voller Neid angesichts der Herrlichkeit, erschaffen vom Licht. 3 So kam das Dunkel in Gestalt eines Raben zu dem Menschenpaar und sprach: Wahrlich, die Welt, die euch gegeben ist, mag groß und schön sein, doch warum wollt ihr euch damit begnügen, wo ihr doch sein könnt bei dem allmächtigen Licht und all seiner Herrlichkeit? 4 Lot und Lif verlachten den Raben und Lot antwortete: Wir sind die Auserwählten vom heiligen Licht, zu herrschen über die Welt mit all ihren Geschöpfen. Was sollen wir anstreben, das noch mehr ist als das? 5 Und der Rabe sprach: Wollt ihr denn nicht eins sein mit dem Licht? 6 Lot antwortete: Nichts und niemandem wurde mehr zuteil als uns; höhere Glückseligkeit durch die Gnade des heiligen Lichts gibt es nicht. 7 Aber der Rabe erwiderte: Doch es gibt eine höhere Glückseligkeit als die eure. 8 Es ist der Pfad zum Licht, der zur höchsten Glückseligkeit führt; jener Pfad, der den Elben gegeben, aber euch, die ihr herrscht über die Welt, vorenthalten wurde. 9 Lot und Lif sahen nun den Pfad zum Licht, der hell erstrahlte, doch bislang nicht für ihre Augen zu sehen war. 10 Der Rabe flog davon und war zufrieden mit seinem Werk, denn Neid und Missgunst waren nun in der Welt zuerst. 11 Und so sprach Lot zu seinem Weib: Lass auch uns das erlangen, was den Elben zuteil wird; denn wir sind gewiss nicht minder in der Gnade des Lichts. 12 Lot redete auf sein Weib ein, da sie ihm nicht folgen wollte. 13 Schließlich gab sie nach und folgte Lot zum dem Himmelspfad, der sich ihnen nun offenbarte. 14 Sie kamen an den Pfad aus reinem Licht, der hinauf in den Himmel führte, so weit ihre Augen sehen konnten. 15 Als Lot seinen Fuß auf den Pfad setzte, zerbrach der Pfad vom Anfang bis hinauf in den Himmel. 16 Lot und Lif liefen davon so weit sie konnten und versteckten sich in einer Höhle. 17 In der Ferne hörten sie die kummerschweren Klagelieder der Elben; und sie fürchteten sich vor dem Zorn des heiligen Lichts. 18 Dann hörten sie die Stimme des heiligen Lichts, die zu ihnen sprach: Versteckt euch nicht, denn ich bin überall; auf den höchsten Gipfeln der Berge ebenso wie in den tiefsten Höhlen; in den Tiefen der Meere ebenso wie in der Luft; und also frage ich euch; was habt ihr getan? 19 Lot und Lif traten voller Angst aus der Höhle und fielen in Reue auf die Knie. 20 Lif ergriff das Wort und antwortete: O heiliges Licht, vergib uns, denn wir haben uns von dem Raben verführen lassen, der uns deine Macht und Herrlichkeit verheißen hat; falsch waren die Worte des Raben und der Elbenpfad ist nicht mehr. 21 Das heilige Licht sah die tiefempfundene Reue des Menschenpaares und sprach: Wahrlich, ihr habt schwere Schuld auf euch geladen, denn die Elben sind nach meiner Art und mir nah, 22 und doch habe ich den Menschen die Welt gegeben und nicht den Elben; 23 also war es Unrecht, das ihr euch zu dem noch das nehmen wolltet, was euch nicht bestimmt ist. 24 So hört meinen Spruch: Die Bürde der Sterblichkeit sei euch und euren Nachkommen fortan auferlegt; Sonne und Mond will ich an den Himmel setzen und mit ihr soll die Zeit sein in der Welt; und ihr sollt gebunden sein an die Zeit, die ich euch gebe. 25 Du Lif und jedes Weib das nach dir kommt, soll fürder in jedem Mondlauf einmal bluten. 26 Du Lot und jeder Mann, der nach dir kommt, soll sein tägliches Mahl und das tägliche Mahl seines Weibes und seiner Kinder nur durch Mühsal der Erde entlocken. 27 Der Rabe, Täuscher der Menschen und Bote der Dunkelheit, sei verdammt auf ewig. 28 Das Licht sprach und so geschah es. 29 Das heilige Licht setzte Sonne und Mond an den Himmel und so ward die Zeit erschaffen, getrennt durch Tag und Nacht. 30 Mühsam war fortan das Tagewerk des Mannes, um die Früchte der Felder zu ernten und stets blutete das Weib fortan in jedem Mondlauf einmal. 31 Aus dem zerbrochenen Himmelspfad machte das heilige Licht die Sterne und setzte sie als Mahnung an den Nachthimmel. 32 Majestätisch und schön funkeln sie des Nachts, und doch sind sie nur ein schwacher Abglanz von dem, was sie einst waren.